Güterwagen-Drehgestelle: Blech und Winkel - Preussen, Vorläufer ab 1878

Version 1.01.104.1, Stand: 28. Februar 2025

Inhaltsverzeichnis - Blech und Winkel HauptseitePreussen, Vorläufer ab 1878 - Preussen (Blatt II d 1), Elsass-Lothringen, 1883/84 - Elsass-Lothringen, 1894 (2500 mm Achsstand) - Preussen, 1906 (VI d 7 III. Auflage)Baden, um 1908 (1850 mm Achsstand) - Prinz Heinrich-Eisenbahn (Luxemburg), 1911Talbot (TTV/TTL)Orenstein & Koppel, 1924 (mit Ausgleichshebel)WUMAG 1924 (mit Wiege)Lüttgens/Fuchs, 1925Austauschbauart, DRG, 1928 - Österreich, N 28, N 36Frankreich, Y 7Orenstein & Koppel, 1936 - andere Blech und Winkel-Drehgestelle - nächstes Kapitel - Impressum

Vorbemerkung - Elberfeld, 1878 (Achsstand 1500 mm) - Bromberg, (Achsstand 2000 mm - Altona, 1883 (Achsstand 2000 mm) - mit Ausgleichshebel (Achsstand 2000 mm) - Anmerkung - Quellen

Vorbemerkung:
Gegen Ende der 1870er Jahre, etwa zeitgleich mit deren Verstaatlichung, setzte bei preussischen Bahnverwaltungen der Übergang vom Fachwerk- zum Blech und Winkel-Drehgestell ein.
Dabei kann zwischen älteren (ab 1883, II d 1 und 'Vorläufer', etwa ab 1878) und einem jüngeren (ab 1906, VI d 7 III.) 'preussischen' (Anm. 1) Blech und Winkel-Drehgestellen unterschieden werden.
Augenfälliges Unterscheidungsmerkmal sind die seitlichen Unterkanten der Seitenwangen-Stehbleche: beim 'jüngeren' Blech und Winkel-Drehgestell sind die Unterkanten in diesem Bereich ausgerundet und mit aufgenieteten Winkeln verstärkt, die 'älteren' Blech und Winkel-Drehgestelle sind in diesem Bereich gerade und nicht verstärkt.

'Vorläufer' der älteren Blech und Winkel-Drehgestelle unterscheiden sich durch die Form der Seitenwangen-Stehbleche von der ab 1883 nach Musterblatt II d 1 [8, S. 16] gebauten Ausführung.

Die im Folgenden vorgestellten Drehgestelle basieren auf Skizzen in Verzeichnissen einzelner preussischer Eisenbahndirektionen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit haben auch andere Direktionen vierachsige Schienenwagen mit Blech und Winkel-Drehgestellen beschafft, die als Vorläufer der Ausführung nach Musterblatt II c 9 gelten könnten.


a) 'Elberfeld 1878' (Achsstand 1500 mm)

 Abb. 1:
 Blech und Winkel-Drehgestell, 'Elberfeld 1878',
 ältere Ausführung ('Vorläufer') mit 1500 mm Achsstand

 Skizze (Ausschnitt):
 KED Elberfeld: Betriebsmittelverzeichnis, 1886
 Fig. 12 (Slg. Paul Scheller) [3


Genietetes Kastendrehgestell
Flache Seitenwangen-Stehbleche mit im Bereich der Räder ausgerundeter, im Bereich des Hauptquerträgers heruntergezogener Oberkante und zu den Kopfquerträgern hin gerader, zwischen den Achshalter-Ausschnitten leicht gekröpfter Unterkante; keine Andeutung aufgenieteter Winkelbleche an den Kanten des Seitenwangen-Stehblechs. Ausführung des Hauptquerträgers aus der Skizze nicht erkennbar. Kopfquerträger aus Profileisen. Trapezförmige Blatt-Tragfedern (Anzahl?, Maße?) an Laschen aufgehängt. Ausführung der Federböcke nicht erkennbar. Achsstand 1500 mm, Laufkreis-Durchmesser nicht angegeben. Ohne Bremse (vgl. [9, Skizze 286], dort: Laufkreis-Durchmesser 970 mm).

Im Betriebsmittelverzeichnis der KED Elberfeld von 1886 [3] sind insgesamt 146 ungebremste, in vier Tranchen ab 1878 gebaute Schienenwagen nach Fig. 12 mit v-förmigem Sprengwerk und einer Untergestell-Länge von 12,0 m, einem Drehzapfenabstand von 7,0 m und einem Achsstand im Drehgestell von 1,5 m aufgelistet. 
Im Verzeichnis der KED Essen von 1915 [4] sind (ohne Skizze und ohne Angaben zu Hersteller und Baujahr)  unter den Nummern Essen 35421 - 35525 SS insgesamt 95 Schienenwagen mit identischen Abmessungen vermerkt.


b) 'Bromberg', Achsstand 2000 mm


 Abb. 2:
 Blech und Winkel-Drehgestell, 'Bromberg',
 ältere Ausführung ('Vorläufer') mit 2000 mm Achsstand

 Skizze (Ausschnitt):  
 KED Bromberg: Güterwagenverzeichnis, 1909
 (Slg. Paul Scheller) [5



Genietetes Kastendrehgestell

Flache Seitenwangen-Stehbleche mit im Bereich der Räder ausgerundeter, im Bereich des Hauptquerträgers heruntergezogener Oberkante und zu den Kopfquerträgern hin gerader, zwischen den Achshalter-Ausschnitten gerader Unterkante; keine Andeutung aufgenieteter Winkelbleche an den Kanten des Seitenwangen-Stehblechs. Ausführung des Hauptquerträgers aus der Skizze nicht erkennbar. Kopfquerträger aus Profileisen. Trapezförmige Blatt-Tragfedern (Anzahl?, Maße?) an Laschen aufgehängt. Ausführung der Federböcke nicht erkennbar. Achsstand 2000 mm, Laufkreis-Durchmesser nicht angegeben. Ohne Bremse.

Im Verzeichnis der KED Bromberg von 1915 [6] sind (ohne Skizze und ohne Angaben zu Hersteller und Baujahr) unter den Nummern Bromberg 23515 – 23527 SS insgesamt 13 Schienenwagen vermerkt.

c) 'Altona 1883' (Achsstand 2000 mm)


 Abb. 3:
 Blech und Winkel-Drehgestell, 'Altona 1883',
 ältere Ausführung ('Vorläufer') mit 2000 mm Achsstand

 Skizze (Ausschnitt):
 KED Altona: Betriebsmittelverzeichnis, 1897,
 S. 290 (Slg. Paul Scheller) [7



Genietetes Kastendrehgestell
Flache Seitenwangen-Stehbleche mit geschwungener, durch Winkelbleche verstärkter Oberkante und zu den Kopfquerträgern hin gerader, zwischen den Achshalter-Ausschnitten gekröpfter und verstärkter Unterkante. Ausführung des Hauptquerträgers aus der Skizze nicht erkennbar. Kopfquerträger aus Profileisen. Trapezförmige Blatt-Tragfedern (Anzahl?, Maße?) an Laschen aufgehängt. Federböcke über vertikalen Winkelbleche mit den Seitenwangen verbunden. Achsstand 2000 mm, Laufkreis-Durchmesser nicht angegeben. Ohne Bremse (vgl. [9, Skizze 288], dort: Laufkreis-Durchmesser 945 mm).

Im Verzeichnis der KED Altona von 1897 [7] sind unter den Nummern Altona 46 000 - 46 049 SS 23515 – 23527 SS insgesamt 50 Schienenwagen vermerkt, die 1883 von der Aktiengesellschaft für Eisenbahn-Wagenbau Breslau geliefert wurden.


d
) mit Ausgleichshebel (Achsstand 2000 mm)


In diesen Zusammenhang gehören auch die Drehgestelle eines Schienenwagens mit 25 t Ladegewicht, 12,0 m Ladelänge und v-förmigem Sprengwerk, der bisher keiner Direktion zugeordnet werden konnte.


 Abb. 3:
 Blech und Winkel-Drehgestell, ältere Ausführung ('Vorläufer')
 mit Ausgleichshebel und 2000 mm Achsstand

 Skizze (Ausschnitt): [9, S. 480, Abb 287], Bearbeitung G-D 



Genietetes Kastendrehgestell
Flache Seitenwangen-Stehbleche mit gerader Oberkante und zu den Kopfquerträgern hin gerader, zwischen den Achshalter-Ausschnitten gekröpfter Unterkante, (Verstärkungen nicht erkennbar). Ausführung des Hauptquerträgers aus der Skizze nicht erkennbar. Kopfquerträger aus Profileisen. Trapezförmige Blatt-Tragfedern (Anzahl?, Maße?) an den äußeren Federböcken mit Laschen, innen an tiefangeordnetem Ausgleichshebel aufgehängt. Lagerung des Ausgleichshebels und Verbindung mit den Seitenwangen nicht erkennbar. Achsstand 2000 mm, Laufkreis-Durchmesser 940 mm [9].

Dieser Schienenwagen gelangte nach dem Ersten Weltkrieg als sogenannter "Waffenstillstandswagen" in den Bestand der Belgischen Staatsbahnen und wurde dort unter der Wagennummer "370 819" geführt wurde.


Anmerkung: Preussen als eisenbahntechnische Provinienz
Die Entwicklung des Eisenbahnwesens im Königreich Preussen lag zunächst vor allem in Händen privater Eisenbahnunternehmungen. Durch Annexionen und Beteiligungen gelangten bereits in den 1850er Jahre erste private Bahnen in Staatsbesitz [1]. Nach der Verstaatlichung weiterer Privatbahnen (CME 1879, RhEB 1880, BME 1882) entstanden ab 1880 weitere Königlichen Eisenbahndirektionen [1].
Diese unterstanden, ebenso wie die Direktion der Reichseisenbahnen in Elsass-Lothringen der Königlich Preussischen Eisenbahn-Verwaltung. Damit war eine Organisationsstruktur entstanden, , die ein gewisses Standardisierung des Materials ("Normalien", Musterblätter") erforderlich und möglich machte.
Zuständig für die Beschaffung (auch der Wagen) waren die einzelnen Direktionen, die, in dem sie sich grundsätzlich an die "Musterblätter" gehalten haben, die Eisenbahnprovinienz "Preussen" gebildet haben.
Dies kann generell auch für die Entwicklung von Drehgestellen gesagt werden. Allerdings waren Drehgestell-Güterwagen zu dieser Zeit "Spezialwagen", die nur auf Grund besonderer und teils unterschiedlicher Gegebenheiten (beispielsweise Direktionen Essen, Altona) beschafft wurden. Daher gab es für die Drehgestelle noch keine eigenen Musterblätter, diese waren Bestandteil des Wagen-Musterblattes. Die mir bislang bekannten Dokumente deuten dennoch darauf hin, dass sich die Konstrukteure von Drehgestellen an diesen Vorgaben orientiert haben.


Quellen:
Scheller, Paul: Persönliche Informationen
[1] Wikipedia: Preußische Staatseisenbahnen - online - abgerufen am 24. April 2024
[2] Wikipedia: Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen - online - abgerufen am 24. April 2024
[3] KED Elberfeld: Betriebsmittelverzeichnis, 1886 (Auszüge, Slg. Paul Scheller)
[4] Verein deutscher Eisenbahn-Verwaltungen: Verzeichnis der Güterwagenparkes der Königl. Eisenbahndirektion zu Essen. Nr. 37a. Berlin, 1915 (Auszüge, Slg. Paul Scheller)
[
5] KED Bromberg, Skizze 47, 1909 (Slg. Paul Scheller)
[
6] Verein deutscher Eisenbahn-Verwaltungen: Verzeichnis der Güterwagenparkes der Königl. Eisenbahndirektion zu Bromberg. Nr. 35. Berlin, 1915 (Auszüge, Slg. Paul Scheller)
[
7] KED Altona: Betriebsmittelverzeichnis, 1897 (Auszug, Slg. Paul Scheller)
[8] Carstens, Stefan; Scheller, Paul: Güterwagen. Band 8: Drehgestell-Flachwagen. Fürstenfeldbruck 2016
[9] Vandenberghen, Ir. J.: Bestand von het goederenmateriell von de Belgische staats- en privéspoorwegen 1835 - 1926. Deel III.; SNCB, Directie van het materieel, Brussel (1984?)




zurück - weiter - Top
Impressum
_